Reichspräsident

Reichspräsident
Reichs|prä|si|dent 〈m. 16; 1919-1934〉 unmittelbar vom Volk gewähltes Staatsoberhaupt des Dt. Reiches

* * *

Reichs|prä|si|dent, der:
unmittelbar vom Volk auf sieben Jahre gewähltes, mit weitreichenden Vollmachten ausgestattetes Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches von 1919 bis 1934.

* * *

I
Reichspräsident,
 
1919-34 das Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches, vom Volk auf sieben Jahre gewählt (Art. 43 Weimarer Reichsverfassung); Wiederwahl war zulässig. Wählbar war jeder Deutsche nach Vollendung des 35. Lebensjahres. Gewählt war, wer im ersten Wahlgang die absolute oder im zweiten Wahlgang die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hatte. Der Reichspräsident konnte nicht Mitglied des Reichstages sein, vor dem er bei Amtsantritt einen Eid abzuleisten hatte.
 
In beabsichtigter Konkurrenz zum Reichstag besaß der Reichspräsident aufgrund seiner Wahl durch das Volk eine eigene demokratische Legitimation. Neben den repräsentativen Aufgaben (Vertretung des Reiches nach außen, Ernennung der Beamten, Ausfertigung und Verkündung der Reichsgesetze, Begnadigung) ernannte und entließ er den Reichskanzler und die Reichsminister, hatte er das Recht, den Reichstag aufzulösen, und führte den Oberbefehl über die Reichswehr. Seine Machtfülle gipfelte im Diktaturparagraphen (Art. 48 Weimarer Reichsverfassung) und dem mit ihm verbundenen Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten. Während der erste Reichspräsident, F. Ebert (1919-25), diese Rechte im Sinne der Erhaltung der demokratischen Institutionen einsetzte, entwickelte sich unter P. von Hindenburg (1925-34) aus der Kombination seiner Rechte zur Reichstagsauflösung, zur Ernennung und Entlassung des Reichskanzlers und zum Erlass von Notverordnungen ein demokratisch nicht legitimiertes Präsidialregime. Von seinem Recht, den Reichspräsidenten mit Zweidrittelmehrheit vor dem Reichsstaatsgerichtshof wegen Verfassungs- oder Gesetzesverletzung anzuklagen, hat der Reichstag keinen Gebrauch gemacht. Das NS-Regime änderte zunächst formal wenig an den Amtsbefugnissen des Reichspräsidenten; nur die Ausfertigung der Reichsgesetze ging auf den Reichskanzler über. Nach dem Tod Hindenburgs 1934 vereinigte Hitler das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers (»Führer und Reichskanzler«).
 
Literatur: Weimarer Reichsverfassung.
II
Reichspräsident
 
Der Reichspräsident war vom Vertrauen des Reichstages unabhängig. Er wurde jeweils auf sieben Jahre und unmittelbar vom Volk gewählt. Er ernannte Reichskanzler und Reichsminister und konnte sie auch entlassen. Er hatte das Recht, den Reichstag aufzulösen. Als Inhaber des Oberbefehls über die Reichswehr war er berechtigt, den Belagerungszustand über das ganze Reichsgebiet zu verhängen und in Fällen des Staatsnotstandes vorübergehend Verfassungsrecht der Bürger ganz oder teilweise außer Kraft setzen. Diese außerordentlichen Vollmachten des Reichspräsidenten haben dem Staatsoberhaupt Züge eines »Ersatzkaisers« gegeben. Dass diese weit reichenden Befugnisse des Artikels 48 in der Hand eines Präsidenten, der kein überzeugter Anhänger der Republik war, zu folgenschweren Verwicklungen führen konnten, haben die Verfassungsväter nicht erkannt. Schon unter dem monarchisch gesinnten zweiten Reichspräsidenten, dem ehemaligen Feldmarschall Paul von Hindenburg war diese Situation eingetreten. Die missbräuchliche Handhabung des Artikels 48 hat unter Hindenburg Zug um Zug zur Auflösung des parlamentarischen Systems geführt und über das Präsidialregime den nahtlosen Übergang zur nationalsozialistischen Diktatur ermöglicht.

* * *

Reichs|prä|si|dent, der: unmittelbar vom Volk auf sieben Jahre gewähltes, mit weit reichenden Vollmachten ausgestattetes Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches von 1919 bis 1934.

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Reichspräsident — Standarte des Reichspräsidenten mit dem Reichsadler …   Deutsch Wikipedia

  • Reichspräsident — Président du Reich République de Weimar Cet article fait partie de la série sur la politique de l’Allemagne, sous série sur la république de Weimar …   Wikipédia en Français

  • Reichspräsident von Hindenburg — von Hindenburg Hindenburg und Ludendorff – Gemälde von Professor Hugo Vogel …   Deutsch Wikipedia

  • Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte — Das Logo der Reichspräsident Friedrich Ebert Gedenkstätte Die Reichspräsident Friedrich Ebert Gedenkstätte in Heidelberg erinnert an den 1871 dort geborenen ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik. Die durch ein vom Deutschen Bundestag im… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichspräsident — Reichs|prä|si|dent (deutsches Staatsoberhaupt [1919 bis 1934]) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Friedrich Ebert — Reichspräsident Friedrich Ebert (1923) Friedrich Ebert (* 4. Februar 1871 in Heidelberg; † 28. Februar 1925 in Berlin) war ein deutscher Politiker (SPD). Er war seit 1913 Vorsitzender seiner Partei un …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Ostmesse — Reichspräsident Ebert eröffnet die DOK 1920 Deutsche Ostmesse (offiziell Deutsche Ostmesse Königsberg, auch bekannt als Königsberger Messe; DOK) ist die Bezeichnung für die nach dem Ersten Weltkrieg in Königsberg abgehaltenen Messen zur Förderung …   Deutsch Wikipedia

  • Reichsgründungsfeier — Reichspräsident Paul von Hindenburg verlässt nach der Reichsgründungsfeier 1931 den Berliner Dom. Der Reichsgründungstag war ein Feiertag im Deutschen Reich, der dem Gedenken an die Kaiserproklamation im Schloss von Versailles am 18. Januar 1871… …   Deutsch Wikipedia

  • Verfassung der Weimarer Republik — Bucheinband der Weimarer Verfassung Die Weimarer Verfassung (offiziell: Verfassung des Deutschen Reichs; auch: Weimarer Reichsverfassung; Kürzel: WRV) war die am 11. August 1919 in Weimar beschlossene, erste praktizierte demokratische Verfassung… …   Deutsch Wikipedia

  • WRV — Bucheinband der Weimarer Verfassung Die Weimarer Verfassung (offiziell: Verfassung des Deutschen Reichs; auch: Weimarer Reichsverfassung; Kürzel: WRV) war die am 11. August 1919 in Weimar beschlossene, erste praktizierte demokratische Verfassung… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”